Pfarrkirche in Gunzenhausen im Altmühltal


Kirche "St. Maria"

in Gunzenhausen im Fränkischen Seenland



Unter den von Bischof Otto von Eichstätt (1183-95) geweihten Kirchen wird nur eine Kirche zu Gunzenhausen genannt. Von dieser Kirche sind Reste nicht mehr nachweisbar. Die drei untersten Geschosse des Turmes, von denen das unterste mit zwei jetzt zugesetzten Durchgängen zur Kirche und einem flachen Kreuzgratgewölbe ehemals als Sakristei diente, mögen noch aus dem frühen 13. Jh. stammen. 1448 begann man mit dem Neubau des spätgotischen Chores, dessen Ausführung dem Baumeister Endris von Kemnaten übertragen wurde. Nach einem Schreiben des Gunzenhausener Rates vom 22. Januar 1461 muß der Chor gegen 1461 vollendet worden sein. An den Chorbau schloß sich der Neubau des Langhauses, der um 1469 begonnen wurde, worauf die Jahreszahl 1469 auf einer Kopfkonsole im nördlichen Seitenschiff schließen läßt. 1496 war der Neubau vollendet. Gleichzeitig mit dem Chorneubau wurde ihr Turm um ein quadratisches Geschoß unter teilweiser Benützung des alten Bestandes erhöht und erhielt das polygonale Obergeschoß mit dem Kegeldach. Die Seitenschiffe und das Mittelschiff hatten eigene Bedachung erhalten, wie die Giebeleinschnitte an der Westseite des Turmes und an der Westwand des Chores unter der heutigen Decke beweisen. Das Mittelschiff blieb ungewölbt. 1569 werden die ersten Reparaturen an der Kirche gemeldet, zu denen Markgraf Georg Friedrich von Ansbach 200 Stück Hölzer beigesteuert hatte. Es wird sich also wohl um Dachreparaturen oder um den Einbau von Emporen, die in der Kirche vor der Einführung der Reformation gefehlt hatten, gehandelt haben. Durchgreifende Änderungen wurden in den Jahren 1706 bis 1707 an der Kirche vorgenommen, über welche ein Schild im südlichen Seitenschiff Nachricht gibt. An der Kirche hatten sich schwere bauliche Schäden bemerkbar gemacht. Die westliche Stirnmauer des Langhauses war baufällig geworden und drohte einzufallen. Sie war nicht wie der übrige Teil der Kirche aus Quadersteinen, sondern in leichter Bauart aufgeführt worden. Warum gerade hier an gutem Baumaterial gespart wurde, ist nicht ersichtlich; vielleicht war an eine Verlängerung der Kirche gedacht worden und der Westabschluß nur als Provisorium betrachtet worden. Ferner hatte sich die dreiteilige Dachanlage über dem Schiffe nicht bewährt. In den Gräben zwischen den einzelnen Dächern hatte sich wegen ungenügender Ableitung das Regen- und Schneewasser gestaut und war in die Gebälkfüße der Dachstühle eingedrungen, die allmählich nun durch die Feuchtigkeit so gelitten hatten, daß man einen Einsturz der Decke, die außerdem der Holzwurm stark zerfressen hatte, befürchten mußte. Der Gunzenhauser Meister Hering hatte die Leitung des Umbaues übernommen. Zuerst wurde die westliche Giebelwand niedergelegt und in der gleichen Quadermauerung wie die übrige Kirche wieder aufgeführt. Zwei mächtige Spitzbogenfenster, für deren Leibung Steine der alten Fenster anscheinend verwendet wurden, durchbrachen, mit originellem, leicht gotisierendem Maßwerk verziert die neue Wand. Die Dächer wurden abgetragen und in eines zusammengezogen, nachdem zuvor die Seitenwände des Mittelschiffes um 15 Schuh höher geführt worden waren. An Stelle der alten Flachdecke überwölbte man das Mittelschiff. Dadurch wurde auch der Chorbogen in seiner ganzen Höhe sichtbar, nachdem er vorher durch die Flachdecke in seinem oberen Teil überschnitten worden war. Dem Gewölbe, das in der Technik barocker Gewölbe als einfaches Lattengewölbe aufgeführt wurde, gab man in Anlehnung an die Gewölbe der Seitenschiffe spätgotische Figurierung. Gleichzeitig wurde im nördlichen Seitenschiff eine Empore angebaut, die Empore an der Westseite um ein Joch nach Osten verbreitert und darüber noch eine Orgelempore angebracht. Auch bei den neuen Einwölbungen bediente man sich gotisierender Rippenformation und gab nur den Kämpfern barocke Form. Zuletzt wurde auch noch das Pflaster erneuert. Für den markgräflichen Hof mußte 1729 ein eigener Herrschaftsstand auf der nördlichen Empore eingebaut werden, der im 19. Jahrhundert wieder entfernt wurde. 1850 restaurierte man die Kirche im neugotischen Stil, wobei man außer der Kanzel alle barocken und nicht gotischen Einrichtungsgegenstände entfernte, wie den Hochaltar und den Taufstein. Die letzte Wiederinstandsetzung der Kirche war 1904.
Die Kirche besaß zur Zeit der Einführung der Reformation vier Altäre. Außer dem Hochaltar, welcher der Maria geweiht war, wurde ein Stephanusaltar, ein Sebastianaltar und ein Willibaldaltar genannt. Bei der Restaurierung von 1706 bis 1707 mußte die alte gotische Einrichtung einer dem Zeitgeschmack mehr entsprechenden barocken weichen. Der Hochaltar war ein mächtiger Aufbau mit zwei gewundenen Säulen, mit einem Weltenrichter als Bekrönung und einem Bild, das Job. David Fillisch aus Ansbach gemalt hatte. Einen neuen Taufstein, eine Kanzel und ein neues Orgelgehäuse lieferte der Ansbacher Hofbildhauer Giuseppe Volpini, von dem wahrscheinlich auch das Kruzifix des heutigen Kreuzaltars stammt.
Die Pfarrkirche ist ein dreischiffiger Bau mit eingezogenem Ostchor und einem an der Ecke zwischen Chor und südlichem Seitenschiff eingebauten Turm.
Der Chor umfaßt zwei Joche und den Schluß in fünf Seiten des Achtecks. Die Rippen des Sterngewölbes sind doppelt gekehlt. Sie enden auf Wanddiensten in Form von Dreiviertelsäulen. Die Dienstenden auf polygonen Basen. In der westlichen Chorecke fehlten die Runddienste. Hier enden die Rippen auf Kopfkonsolen. Die runden Schlußsteine sind mit Tartschen belegt. Um den Schlußstein in der Mitte des Chores sind vier brandenburgische Wappen gruppiert. Die vierteiligen Spitzbogenfenster haben neues Maßwerk. Das spitzbogige Sakristeiportal zeigt abgeschrägte Leibung. Der Chorbogen ist spitz. Sein Gewände ist im Scheitel gekehlt, an den Seiten abgeschrägt. Im Bogenscheitel an den Innenseiten gegen den Chor Relief des Volto Santo, darüber Wappen des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und die Jahreszahlen 1700, 1850 und 1904. (Die Zahlen beziehen sich auf Restaurierungen).
Das Langhaus umfaßt sechs Joche. Das Gewölbe besteht aus einer Holztonne mit Stichkappen, das durch aufgesetzte Rippen mit einer ans Gotische anklingenden Profilierung dem Charakter des Chores angepaßt ist. Die Rippen enden auf barocken Konsolen. Gegen die Seitenschiffe öffnet sich das Langhaus im Spitzbogen auf polygonen Pfeilern, deren Schräge in die Bogenleibung übergeht. Die Seitenschiffe sind verschiedener Breite. Die Rippen des Steingewölbes im südlichen Seitenschiff zeigen dieselbe Profilierung wie im Chor. Die Rippen enden auf barocken Kopfkonsolen, die von der Restaurierung des Jahres 1707 stammen. Das nördliche Seitenschiff ist schmäler. Die Rippen des rankenförmig figurierten Netzgewölbes sind einfach gekehlt. In das nördliche Seitenschiff ist eine Empore mit getäfelter Brüstung eingezogen. Die Unterseite ist flach gewölbt und zeigt gotisierendes Netzwerk mit mehrfach gekehlten Rippen. Die zwei westlichen Joche des Langhauses mit dem Seitenschiffe nimmt die Orgelempore ein. Der westliche ältere Teil hat spätgotische Kreuzrippengewölbe mit gekehlten Rippen, die aus den beiden Langhauspfeilern, zwei polygonen Zwischenpfeilern und einer Mittelsäule herauswachsen. Die östliche Hälfte wurde in der Barockzeit gleichzeitig mit der Nordempore angefügt und zeigt dieselbe flache Wölbung wie diese. Die Rippen enden auf denselben vorspringenden Barockkonsolen.
Das Äußere ist schlicht. Den ganzen Bau umzieht ein einfacher Schrägsockel und auch ein Kaffgesims in Höhe der Fensterbänke. Der Chor ist stark überhöht. Die Strebepfeiler sind dreimal abgesetzt und mit Pultdach abgedeckt. An den Schiffen sind die Streben nur einmal abgesetzt. Die spitzbogigen Portale im zweiten Westjoch haben mit Streben ausgesetztes Gewände. Die bei beiden Portalen angebaute Vorhalle mit Rippennetzgewölbe öffnet sich nach außen in einen mächtigen Spitzbogen mit gekehltem Gewände. Das Blendfeld der Vorderseite schließt oben einen zarten Maßwerkfries mit Lilienranken. Interessant sind die dreiteiligen Spitzbogenfenster der 1707 aufgebauten Westwand. Das Maßwerk besteht aus Akanthusranken und einem Kranz im Bogenscheitel. Der Versuch, den Umbau der Kirche dem alten gotischen Charakter anzupassen, wurde, wie schon gesagt, auch bei der Figuration der Gewölbe des Langhauses und bei der Untersicht der Emporen gemacht. Unter der Decke des Mittelschiffes ist an der (Chorwand der Anschnitt des alten Mittelschiffdaches zu erkennen; der Anschnitt des südlichen Seitenschiffdaches zeigt sich außen an der Westseite des Turmes.
Der Turm ist im unteren Drittel, das ein Rundbogenfries abschließt, ungegliedert. Von da ab teilen drei umlaufende Gesimse den Turm geschoßartig auf. Das zweite Gurtgesims fehlt an der Westseite. Den Übergang zum polygonen Aufsatzgeschoß schließt ein Maßwerkfrieschen mit Lilienenden ab. Die Rechteckfensterchen mit profilierter Leibung über dem dritten Gesims sind nicht ursprünglich, sondern wurden später eingesetzt. Das oberste Geschoß des quadratischen Turmbaues ist ebenfalls später, d. h. bei Ausbau des Turmes aufgesetzt. Das polygone Obergeschoß zeigt an den Eckübergängen an den fensterlosen Seiten fialenartige Aufsätze, die figürliche Aufsätze krönen: Es sind, soweit es sich erkennen läßt, ein Adler, ein hockendes Tier (Löwe ?), ein kniender Mann, wohl die Evangelistensymbole, und zwei ringende Gestalten in kurzen Jacken. Die Bedeutung dieser Gruppe ist unklar; möglicherweise handelt es sich um eine Darstellung des Kampfes Jakobs mit dem Engel. Auch die zeitliche Zuweisung ist schwierig. Für den vorhandenen Sockel ist das Werk sicher nicht gemacht, da seine eigene Plinte breiter als der Fialenabschluß ist. Die Tracht der Ringer und ihre bewegte Haltung rückt die Gruppe an das Ende des i6. Jahrhunderts. Unter dem polygonen Helm läuft ein Maßwerkfries von gleicher Art wie bei den Vorhallen um. Die Spitzbogenfenster haben profiliertes Gewände und sind zweiteilig. An der Süd- und Westseite ist der Mittelpfosten jedoch herausgebrochen. Das Maßwerk besteht aus Pässen und Blasen. Steinmetzzeichen finden sich im vorletzten und letzten quadratischen Geschoß, sowie im Polygon. Im Innern des Polygons nahe dem Dachansatz Steinrelief: Brustbild eines bärtigen Mannes mit jetzt leerem Schriftband in den Händen; um 1460/70. Vielleicht Porträt des Baumeisters.
Der ganze Bau besteht aus regelmäßigen Sandsteinquadern mit Zangenlöchern. Auch für die Maßwerkfriese wurde Sandstein verwendet. Durch kleine Unregelmäßigkeiten in der Mauertechnik, einer weniger genau durchgeführten Mörtelverfugung der Steine tritt die Grenze der Turmerhöhung klar zum Vorschein.
Die Sakristei ist ein Anbau des 18. Jahrhunderts. Das Tonnengewölbe ist mit Rippen figuriert, die ähnliches Profil zeigen wie die Rippen der Untersicht der Nordempore.



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Zuletzt aktualisiert am 10.02.2017