Das Grab des germanischen Kriegers wurde im September 1990 bei der Beseitigung einer Straße, etwa 350 m östlich von Ilbling entdeckt. Die Bestattung lag nicht in einem Gräberfeld, sondern als Einzelgrab bei einer germanischen Siedlung. Der Tote war in einer großen, verhältnismäßig flach eingetieften Grabkammer beigesetzt.
Von dem Dorf, in dem der Germane lebte, konnten die Archäologen einige Gruben mit Keramik- und Speiseabfällen sowie ein Grubenhaus freilegen.
Anthropologischer Befund
Der Krieger ist im frühen Erwachsenenalter, etwa mit 25-30 Jahren gestorben. Er war mit 175-180 cm für damalige Zeit recht groß. Die Todesursache konnte bei der anthropologischen Untersuchung nicht eindeutig ermittelt werden. Fest steht jedoch, daß der junge Mann an einer Knochenhautentzündung am rechten Bein litt, vielleicht infolge einer Verletzung oder bedingt durch ein Geschwür, wie es z. B. bei Diabetes häufig auftritt.
Bewaffnung und Tracht
Der Tote war bei der Beisetzung mit seiner vollen Tracht bekleidet und mit Waffen und Schmuck ausgestattet. Um die Hüften trug er einen 10 cm breiten spätrömischen "Militärgürtel" mit reich verzierten Bronzebesätzen. Bekleidet war er mit einem Fellmantel, der auf der rechten Schulter durch eine Armbrustfibel aus Eisen zusammengehalten wurde.
An seiner linken Seite lag ein 90 cm langes Eisenschwert, das in einer mit Fell bezogenen Scheide steckte. Zur Bewaffnung gehörte auch ein hölzernes Schild, von dem nur noch der eiserne Schildbuckel und die Schildfessel (Griff an der Innenseite) erhalten blieben.
Am linken Ringfinger des Toten steckte als Schmuckstück ein silberner Spiraldrahtring.
Beigaben für das Jenseits.
Für die Reise ins Jenseits stattete man den jungen Mann mit einer Reihe von Alltagsgegenständen aus. Am Gürtel hing ein Beutel mit einer Pinzette, einem Feuerstein und einer verzierten Scheibe aus der Rose eines Hirschgeweihs, vielleicht ein Amulett. Unter dem rechten Arm des Toten lag ein aus Knochen geschnitzter zweizeiliger Kamm. Etwas entfernt von der Bestattung wurden Gefäße für Speisen und Getränke deponiert. Zum Geschirrsatz gehörten zwei Töpfe, eine flache Schale, ein kleiner Becher und eine verzierte sog. Friedenhainer Schüssel. Von besonderer Qualität war der 18 cm hohe Trinkbecher aus dünnem Glas, verziert mit einer feinen Fadenauflage. Als Speisebeigabe legte man dem Toten einen Schinken und andere Fleischstücke von einem Schwein mit ins Grab.
Der Tote aus dem Grab bei Ilbling ist im frühen 5. Jahrhundert n. Chr., etwa zwischen 410 und 420, gestorben. Südbayern gehörte zu dieser Zeit noch zur römischen Provinz Raetia secunda, die Donau war Reichsgrenze. Das Grabinventar zeigt zwei kulturelle Komponenten: eine germanische und eine römische.
Obwohl seit 391 das Christentum in Rom zur Staatsreligion erhoben war, ist das Grab in Nord-Süd-Richtung orientiert und nicht nach Osten, wie es sich nach christlichem Ritus gehörte.
Der Gürtel ist sicheres Indiz dafür, daß, der Mann im spätrömischen Westheer diente. Er gehörte zum mittlerem Offiziersstand, vielleicht im Rang eines Hauptmanns. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst kehrte er in die Heimat zurück. Während der Zeit seines Militärdienstes erwarb er wahrscheinlich den in nordfranzösischen oder belgischen Glashütten hergestellten Glasbecher, der ihm mit ins Grab gegeben wurde.
Die Waffenausrüstung weist den Mann eindeutig als Germanen aus, da römische Legionäre ihre Waffen an den Staat zurückgeben mußten. Typisch germanisch ist auch die sog. Friedenhainer Schüssel unter den Grabbeigaben. Diese Gefäßform war vom Donauvorland bis in den böhmischen Raum verbreitet.
Auch die Beigabe von Feuerstein und Pinzette in einer Gürteltasche entspricht germanischer Sitte. Der Krieger gehörte einer Volksgruppe an, die seit dem Ende des 4. Jahrhunderts vor der raetischen Donaugrenze siedelte und mit dem "bajuvarii", den "Männern aus Böhmen", in Zusammenhang gebracht wird.
Dieser Volksgruppe könnte nach dem Untergang des römischen Westreiches 476 zusammen mit anderen zugewanderten germanischen Gruppen den neuen Stamm der Bajuwaren gebildet haben. Der in jungen Jahren bei Ilbling verstorbene Krieger wird als erster echter Bajuware, den die archäologische Forschung in Bayern zutage gebracht hat, in unsere Geschichtsbücher eingehen.
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Zuletzt aktualisiert am 10.02.2017