April bis Oktober
Bei manchem Besucher verursacht diese Abteilung gleich neben der Barbierstube nicht gerade die angenehmsten Gefühle und er dürfte dankbar zur Kenntnis nehmen. Daß die meisten der gezeigten medizinischen Geräte längst durch menschlichen Erfindergeist von wesentlichen humaneren Instrumenten abgelöst wurden.
Diese Ausstellung wurde unserem Museum von Dr. Wolfgang Linke, einem gebürtigen Beilngrieser und jetzt Facharzt für Anästhesie in München, als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Über 300 medizinisch-technische Geräte werden z. Z. von dieser umfangreichen Privatsammlung in 10 Glasvitrinen gezeigt. Diese Vielzahl an Exponaten ermöglicht einen interessanten Einblick in Behandlungsmethoden und -hilfen vergangener Zeit in verschiedenen medizinischen Bereichen, vor allem aus dem vorigen Jahrhundert und zu Beginn dieses Jahrhunderts. So werden u. a. auch Ausstellungsstücke zu den Bereichen Narkose, Schröpfen, Bluttransfusion und Zahnbehandlung vorgestellt. Hierzu einige detaillierte Anmerkungen:
Die gezeigten Narkosegeräte demonstrieren selbst dem medizinischen Laien eindrucksvoll, mit welch einfachen Hilfen von unseren Vorfahren versucht wurde, operative Eingriffe schmerzfrei zu ermöglichen. Über Tropfmasken wurden die betäubenden Gase vom Patienten eingeatmet, meist Äther oder Chloroform. Zu sehen ist auch eine Gesichtsmaske mit anmontierter Schweinsblase, in der sich das betäubende Gas befand.
Als erstes Inhalationsgas wurde Lachgas verwendet. 1844 ließ sich der amerikanische Zahnarzt H. Wells unter Lachgasnarkose einen Zahn ziehen. 1846 führte der amerikanische Zahnarzt Morten in Bosten die erste Äthernarkose durch und 1847 erfolgte die erste Chloroformnarkose durch den Geburtshelfer Simpson in Edinburgh. Vor der Entdeckung dieser betäubenden Gase benutzte man zur Schmerzbekämpfung die schlafbringende Wirkung bestimmter Drogen, wie Opium, Hanf oder Alkohol. Auch Strangulieren bis zur Bewußtlosigkeit oder Schläge auf den Kopf waren eine allerdings sehr grausame Methode.
Das "jüngste" gezeigte Gerät zum Narkotisieren ist eine fahrbare Vorrichtung mit zwei Gasflaschen, Schläuchen und Atemmaske aus dem Jahr 1950: Narkosegerät "Sulla" von der Firma Dräger.
Ein altes Behandlungsverfahren ist das Schröpfen, das auch noch heute vor allem in Heilpraxen zur Anwendung kommt. Die ausgestellten Schröpfsets, Schröpfgläser und Schröpfmesser sind z. T. fast 200 Jahre alt und dienten der Blutentziehung aus dem Körper., angewandt zur Behandlung von fieberhaften Erkrankungen, Entzündungen, Blutstauungen und Blutdrang. Man setzte einmal das sog. Unblutige Schröpfen ein, wobei mit Hilfe einer sich abkühlenden Schröpfglocke auf der Haut Körpersäfte durch den entstehenden Unterdruck herausgesaugt wurden. Die Schröpfmesser und -schnäpper wurden beim blutigen Schröpfen eingesetzt, um sich so kleine Einschnitte in die Haut zuzufügen. Weniger beim Menschen, sondern vor allem in der Tiermedizien wurde durch blutiges Schröpfen Blut angesaugt. Man entzog dadurch "kranke Säfte" aus Zunge, Euter, Unterhautgewebe und Gliedmaßen.
Auch die gezeigten Aderlaßmesser und Aderlaßlanetten aus der Zeit um 1750 bis 1850 bezweckten das "zur Ader lassen".
In unserer medizin-historischen Ausstellung stehen auch Geräte zur Blutübertragung aus der Zeit um 1920 und 1930. Die sog. Rollerpumpe ist ein Vorläufer zur heutigen Herz-Lungen-Maschine. Ein weiteres Bluttransfusionsgerät verdeutlicht, daß früher die Blutübertragung nur direkt erfolgte (Direkttransfusion): Die beiden an Schläuchen befindlichen Nadeln wurden am Spender und beim Empfänger angesetzt und durch Drehen einer kleinen Handkurbel das Blut "umgepumpt".
Die erste Bluttransfusion wurde 1666 von R. Lower in Oxford an Hunden durchgeführt 1667 erfolgte in Paris durch J. Denis eine direkte Übertragung vom Lammblut auf einen Menschen, der sich daraufhin erholt haben soll. Doch aufgrund vieler Mißerfolge geriet diese Methode bald in Mißkredit. Erst nach Entdeckung der Blutgruppen 1901 wurde die Bluttransfusion sicherer und allmählich zur Routine.
Ist eine Zahnbehandlung auch heute noch in den meisten Fällen unangenehm, früher konnte ein kranker Zahn viel Leid und unsägliche Qualen mit sich bringen. Gar manchen trieben seine Zahnschmerzen bis zum Selbstmord. Auch das Behandlungsinstrumentarium war alles andere als angenehm, wenn man den Wurzelheber oder den Zahnschlüssel zur Extraktion aus der Zeit um 1850 in unserer Ausstellung betrachtet.
Froh dürfte jeder Besucher auch sein, nicht mehr mit dem bereitstehenden Zahnarztbohrer, Baujahr um 1900, behandelt werden zu müssen, obwohl diese Art von Bohrern nach wie vor in Entwicklungsländern im Einsatz sind. Dieses Gerät ist im Grunde genommen eine Tretbohrmaschine, die 2.000 Umdrehungen pro Minute leisten kann. Sie wurde im Jahr 1871 erstmals vom amerikanischen Zahnarzt B. Morrison entwickelt und daraufhin ca. 30 Jahre lang von fast allen Zahnärzten verwendet. Ihre Verwendung erforderte viel Geschick. Mit Dampfantrieb versehene Maschinen konnten sich nicht durchsetzen.
Sind Sie nun auf den Geschmack gekommen ? Wie wär´s mal wieder mit einem Museumsbesuch, von Ihnen, Sie können dies alles auch einmal "Näher betrachten"!
Öffnungszeiten:
Mittwoch und Samstag | 14.00 - 18.00 Uhr |
Sonntag und Feiertag | 10.00 - 18.00 Uhr |
Für Gruppen organisieren wir bei vorheriger Anmeldung auch Führungen außerhalb der Öffnungszeiten.
Museum Kratzmühle
Mühlweg 1
85125 Kinding / Kratzmühle
Tel.Nr.: 08461/8104
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Zuletzt aktualisiert am 14.09.2020