Urkundliche Nachrichten über die Baugeschichte der St. Galluskirche in Pappenheim sind nicht erhalten. Wir wissen nur, dass bis zur Einführung der Reformation die Galluskirche die Pfarrkirche von Pappenheim war. Die Tatsache aber, dass vom Jahre 802 bis zum Jahre 902 das Kloster St. Gallen in Pappenheim reich begütert war, lässt die sichere Vermutung zu, dass schon in dieser Zeit eine Kirche in Pappenheim dem hl. Gallus geweiht wurde. Da 902 ein Meginhart von Kaiser Ludwig d. K. den St. Gallener Besitz in Pappenheim zu eigen erhalten hatte, ist anzunehmen, dass nach dieser Zeit keine Kirche mehr auf den in der Diözese Eichstätt sonst nicht besonders verehrten hl. Gallus geweiht wurde. Über die bauliche Entwicklung dieser interessanten und, wie wir annehmen, bis in das 9. Jahrhundert zurückgehenden Kirche wird die baugeschichtliche Analyse Aufschlüsse zu geben versuchen. Um das Jahr 1060 wird von einer Kirchweihe in Pappenheim durch Bischof Gundekar von Eichstätt berichtet. Wahrscheinlich handelt es sich hier um die Weihe eines Umbaues der Galluskirche. Leider wurde der seit dem Ende des 15. Jahrhunderts unverändert gebliebene Bestand der Kirche im Jahre 1897 durch den Einbau einer Leichenhalle in das nördliche Seitenschiff und einer Wärterwohnung in das Turmuntergeschoss schwer geschädigt. Über die Innenausstattung gibt eine Handschrift aus dem Jahre 1511 über die Consuetudines eccl. paroch. in Bappenheim einigen Aufschluss. Es wird ein Hochaltar erwähnt, vor dem 12 Leuchter stehen. Ferner war ein Marien-, Katharinen-, Barbara- und Niklasaltar vorhanden. Auch eine Porkirch wird erwähnt, woraus zu ersehen ist, dass der Raummangel damals dazu zwang, Emporen anzubringen. Eine Gallusfigur in ambone (an der Kanzel) wird ebenfalls genannt. Außerdem hatte die Kirche Apostelleuchter, die am Palmsonntag angezündet wurden. Um 1617 wurde eine Glocke von der Burg in die St. Galluskirche gebracht: "Item in dem schlossthurm die glocken herab und in den thurm auf den kirchhof gehenkt, denn daselbst die eine zerprochen gewesen, dieselbe herabgetan und neben der andern alten glocke nach Nürnberg an die neue geben". Noch im 19. Jahrhundert waren in der St. Galluskirche Wandgemälde, welche die Lebensgeschichte des hl. Gallus behandelten, zu erkennen. Sie fielen leider den Restaurierungsmaßnahmen bei dem letzten Umbau zum Opfer. Im 18. Jahrhundert (1784) scheinen auch die fünf Altäre bis auf einen beseitigt worden zu sein. Auf dem Friedhof um die Kirche befand sich außer einem Karner (capella ossorii) noch eine weitere Kapelle. Beide waren 1606 noch vorhanden, da in diesem Jahr Reparaturen an ihnen gemeldet werden. Die St. Galluskirche ist eine dreischiffige, ursprünglich basilikale Anlage mit polygon geschlossenem Ostchor und einem Turm an der Nordseite des Chores. Dem Turm entspricht an der Südseite ein quadratischer, mit dem Seitenschiff und dem Chor durch Bogen verbundener Kapellenraum. Die Sakristei ist an der Nordseite des Turmes angebaut. Der Chor hat ein Joch und Schluss in drei Seiten des Sechsecks. Im Joch Kreuzrippengewölbe mit Birnstabrippen und rundem, glatten Schlußstein. Im Schluss Kappengewölbe. Die spitzbogigen Fenster sind zweigeteilt mit Maßwerk aus Pässen und Nasen. An der Südseite öffnet sich der Chor mit einem Spitzbogen ohne Kämpfer gegen den Seitenraum, die entsprechende Öffnung an der Nordseite zum Turmuntergeschoss ist heute zugesetzt. Der Chorraum ist um zwei Stufen gegen das Langhaus erhöht, ebenso führen zum Schluss zwei weitere Stufen. Der Chor ist ca. 0,50 m aus der Mittelachse des Langhauses nach Süden verschoben. Der runde Chorbogen hat einen einfachen Kämpfer aus Platte und Schräge. Das Langhaus und die Seitenschiffe sind flach gedeckt. Das Mittelschiff ist 10 m lang, 8 m breit. Die Höhe beträgt 7,70 m. Die Südwand durchbricht ein mächtiger Spitzbogen von 4,20 m Scheitelhöhe und 6,30 m Breite. Der Bogen steigt direkt vom Boden auf. Der entsprechende, ca. 1,20 m höhere Bogen der Nordwand wurde bei der Errichtung des Leichenhauses zugesetzt. Über dem Scheitel des Südbogens befinden sich zwei Kragsteine mit einfacher Schräge an der Vorderseite. Darüber durchbrechen die Sargwand des Mittelschiffs fünf schmale Spitzbogenfenster mit tiefer Schrägleibung nach beiden Seiten. An der Nordwand fehlen die Spitzbogenfenster. Doch sind unter dem Dach des Seitenschiffes in gleicher Höhe wie die Spitzbogenfenster vier zugesetzte schmale Rundbogenfensterchen erkennbar, die jedoch eine völlig andere Verteilung aufweisen als die Fenster der Südseite. In der Westwand sitzt ein größeres, zweigeteiltes Spitzbogenfenster mit Nasen in Höhe der Seitenwandfenster und tief unten, 1 m über dem Boden, ein barockes Rundfenster. An den Wänden lassen sich die Spuren einer zweifachen Mauererhöhung konstatieren, die unter dem Verputz deutlich zutage treten. Der erste Mauerabsatz liegt 2,5 m über dem heutigen Fußboden, er ist an der Westwand durch Zurückspringen der aufgesetzten Mauer noch deutlicher zu erkennen. Die Linie der zweiten Erhöhung läuft ca. 50 cm über den Kragsteinen an der Südseite und gleicher Höhe direkt über der Sohlbank der Rundbogenfensterchen an der Nordseite. Das Langhaus besitzt eine gefelderte Balkendecke. Die Deckbalken sind gekehlt und enden in Abschrägungen. Das südliche Seitenschiff ist 4 m breit, 5 m hoch. Die gefelderte Holzdecke liegt an der Mittelschiffwand auf getrepptem Kragstein auf. Zum Kapellenraum an der Ostseite führt ein spitzer Bogen, der gekehlt ist. Er ruht auf Profilkonsolen. Die Kapelle hat ein Kreuzgewölbe mit Kehlrippen, die der Wand entwachsen. Schlussstein mit Rosette in Relief. An der Südseite des Seitenschiffes führt das Portal zur Kirche, rundbogig, mit Hausteinumrahmung. Es zeigt an den Außenseiten eine kräftige Stufung, die auch im Rundbogen weitergeht. Den Halbkreis des Türbogens füllte ursprünglich ein Tympanon aus. Der halbkreisförmige Stein wurde später herausgenommen und als Antrittstein vor dem Portal verwendet. Westlich der Türe befindet sich ein kleines, schmales Rundbogenfenster, dessen Außenleibung durch einen hier angebrachten Grabstein verdeckt wurde. Der innere Rundbogen ist erhalten geblieben. Darüber liegt ein schmales Rundbogenfenster mit tiefer Leibung. Ein zweites, heute zugesetztes, gleiches Fensterchen in derselben Höhe entsprach ihm am Ostende der Südwand. Durch den Durchbruch eines großen, barocken Rundfensters zwischen beiden wurde wahrscheinlich ein drittes Fenster zerstört. In der westlichen Stirnwand liegen zwei kleine Fenster: Im unteren Teil ein sehr schmales Rundbogenfenster mit tiefer Leibung, die sich nach außen beträchtlich erweitert, darüber ein schmales, unregelmäßiges Spitzbogenfenster mit gestufter Leibung. Die Außenseite des Fensters zeigt einen sich dem Rundbogen stark annähernden Bogenschluß. Das nördliche Seitenschiff ist wie das südliche mit flachen spätgotischen Balkendecken versehen. Leider ist es durch Zwischenwände und drei eingebrochene, große Rundbogenfenster völlig seines alten Charakters beraubt. Erhalten blieb an der Westwand ein kleines, sehr schmales Rundbogenfenster mit schräger Leibung, die außen stark überhöht ist. Am Ostende der Nordwand lag eine rundbogige, heute zugesetzte Türe. In der Nordwestecke dieses Seitenschiffs springt die Wand in ca. 2 m Höhe zurück. Dieser Absatz entspricht einem an der Mauer des südlichen Seitenschiffs unter dem Verputz im Inneren erkennbaren Mauerabsatz. Gegen den Turm öffnete sich das nördliche Seitenschiff in einem Rundbogen mit gleichem Kämpferprofil wie beim Chorbogen. Der Turm ist viergeschossig. Im Untergeschoss Kreuzgewölbe mit kräftigen Kehlrippen, die auf Pflockkonsolen enden. Das Fenster an der Ostseite ist modern. Es sitzt in einem außen erkenntlichen Rundbogen, der selbst wieder in einen etwas größeren, nach Norden verschobenen Bogen eingesetzt wurde. Im zweiten Geschoss an der Ostseite kleines Rundbogenfenster, das dritte Geschoss ist völlig fensterlos, das vierte Geschoss, eine Erhöhung des 15. Jahrhunderts, springt etwas zurück. Auf jeder Seite sind zwei gedrückte, runbogige Schallfenster. Die Giebel des steilen Satteldaches gliedern dreikantige Lisenen. Die Fensterchen im Giebel sind gedrückt rundbogig. Das Äußere der Kirche ist einfach. Von Interesse sind die Baufugen, welche an der Westseite klar zutage treten. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Seitenschiffe mit dem Mittelschiff nicht bündig sind. Außerdem lassen sich auch an den Außenseiten die Spuren einer doppelten Erhöhung deutlich erkennen. Auch die Erhöhung der Dächer des Hauptschiffs und der Seitenschiffe fällt sofort ins Auge. Die Technik des Mauerwerkes ist an der ganzen Kirche bis auf den Chor und das Turmobergeschoss völlig gleichartig, eine unregelmäßige Bruchsteinmauerung mit starker Mörteldeckung. Am Chor und Turmobergeschoss wurde reines Ziegelmauerwerk verwendet. Langhaus und Seitenschiffe überzieht heute ein gemeinsames Dach. Das Langhausdach hat stärkeren Gefälls wegen wie das Satteldach des Turmes Ziegeldeckung. Die Seitenschiffdächer dagegen sind mit dem in der Gegend üblichen Legeschieferdach abgedeckt. Der farbige Reiz des ganzen Baues wird gerade durch die Verbindung der beiden, gegeneinander abgetönten Kontraste besonders gesteigert. Da bei der St. Galluskirche Baudaten jeder Art fehlen, ist es unmöglich, eine Entwicklungsgeschichte dieses überaus interessanten Kirchenbaues auf Grund historischer Nachrichten zu geben. Die Beobachtung des Bruchsteinmauerwerkes lässt jedoch den Gang des allmählichen Wachsens der Kirche mit ziemlicher Sicherheit feststellen. Den Kern der Kirche bildet das Mittelschiff, dessen ursprüngliche Höhe mit ca. 2,50 m über dem heutigen Fußboden an den beiden Längswänden unter dem Putz und an der Westwand, wo die Mauer bis zu dieser Höhe sogar etwas stärker ist, genau erkannt werden kann. Die Seitenschiffe sind nicht bündig mit dem Mittelschiff, wie die Anschlussfugen an der Westfront der Kirche deutlich zeigen. Die Art des Mauerwerkes ist jedoch die gleiche. Dazu entspricht die ursprüngliche Höhe der Außenmauern des Seitenschiffes fast der Höhe des ältesten Mittelschiffes. Es drängt sich so die Annahme auf, dass die Seitenschiffe mindestens sehr bald nach Fertigstellung des Mittelschiffes errichtet wurden, oder aber gleichzeitig, wobei aus bautechnischen Gründen die Mauern nicht bündig hochgeführt wurden. Der älteste Bau hatte demnach ein breites, sicher sehr flach gedecktes Mittelschiff mit beinahe gleich hohen Seitenschiffen besessen. Bei einer zweiten Erweiterung wurden die Mauern des Mittelschiffes über die Kragsteine an der südlichen Sargwand erhöht. Eine dritte bauliche Veränderung brachte der Kirche das basilikale System. Die Mittelschiffsmauern wurden nochmals erhöht. Ob hierbei oder schon vorher auch die Seitenschiffsmauern erhöht wurden, lässt sich nicht mehr feststellen, doch ist anzunehmen, dass dies erst jetzt geschah. Das Südportal stammt sicher aus dieser Zeit. Die Fenster in der neuen basilikalen Hochwand waren runbogig, wie die zugesetzten Fensterchen an der Nordseite bestätigen. Gleichzeitig wurde der Turm angebaut, der sein Obergeschoss erst in der gotischen Zeit erhielt. (Die Form des Chorraums dieser kleinen Basilika und sein Abschluss ließen sich nur durch Grabungen ermitteln.) Die bauliche Entwicklung der Kirche war dadurch vorerst abgeschlossen. Die heutige Form erhielt sie erst im späteren Mittelalter. Die St. Galluskirche war die Pfarrkirche Pappenheims und genügte allmählich nicht mehr der immer stärker anwachsenden Bevölkerung. Der Raum wurde knapper, und so griff man zu einem, sonst kaum mehr so weitgehend angewandten Mittel. Man durchbrach die Seitenwände des Mittelschiffes gegen die Seitenschiffe mit mächtigen Spitzbogen, wodurch Langhaus und Seitenschiffe fast zu einem einzigen großen Raum verschmolzen. Dabei wurden an der Nordseite die Fensterchen des Lichtgadens zugesetzt. Dass die Mauer an der Südseite über dem neuen Bogen in ihrer Substanz erhalten blieb, ist unwahrscheinlich. Es scheint, als ob sie abgetragen und wieder neu mit den Spitzbogenfensterchen aufgeführt wurde. Dafür spricht auch das unter dem Dach durchlaufende Gesims mit dem gotischen Kehlprofil, das sich am nördlichen Seitenschiff wiederholt. Da sich Putzspuren nur an der südlichen Außenwand des Mittelschiffs erhalten haben, aber auf der Nordseite fehlen, da ebenso nur hier die Fenster zugesetzt waren, ist anzunehmen, dass damals das Langhausdach schon über das nördliche Seitenschiff gezogen wurde, während die Südseite ihren basilikalen Charakter vorerst beibehielt. Die letzte Vergrößerung vor dem Bau einer geräumigeren Pfarrkirche jenseits der Altmühl in der Stadt selbst geschah im 15. Jahrhundert. Ein neuer Chor wird angefügt und wahrscheinlich gleichzeitig auch der quadratische Kapellenraum südlich des Chores. Ebenso wurde jetzt die Sakristei nördlich des Turmes hinzugefügt. Alle überhaupt vorhandenen Räume der Kirche, die hiermit ihre größte Ausdehnung erhalten hatte, wurden durch Bogen untereinander verbunden und ein Raum geschaffen, der den vorhandenen Platz für die Kirchenbesucher bis auf das letzte ausnützte. Die zeitliche Festlegung der verschiedenen Entwicklungsphasen ist sehr schwer. Wir werden jedoch kaum fehlgehen, wenn wir den ältesten noch erhaltenen Bauteil noch in die Zeit setzen, in welcher das Kloster St. Gallen in Pappenheim begütert war. Dafür spricht auch der Kirchenpatron St. Gallus, wie schon erwähnt wurde. Die Kirche wäre demnach im 9. Jahrhundert entstanden. Ob die erste Erweiterung noch von St. Gallen aus geschah, und ob die Kirche in Verbindung mit einer Klosterniederlassung stand, kann nicht mehr konstatiert werden. Die Veränderung des ältesten Baues in eine Basilika ist wahrscheinlich in das 11. Jahrhundert zu setzen, worauf die Form der Rundbogenfenster in den Lichtgaden und an den Seitenschiffen schließen lässt. Gleichzeitig entstand auch der Turm. Die mächtigen Verbindungsbogen zwischen Langhaus und Seitenschiffen brachte wohl erst das späte 13. Jahrhundert. Den Chor, die Seitenkapelle, die Sakristei und das Turmobergeschoss errichtete man im 15. Jahrhundert. Da 1284 und 1287 Ablässe für die Kirche verliehen wurden, ist anzunehmen, dass damals an ihr gebaut wurde. Die St. Galluskirche in Pappenheim ist ein Bauwerk von ungewöhnlichem Interesse. Ihr früheste bauliche Entwicklung steckt voller, heute kaum mehr lösbarer Rätsel. Die älteste Form lässt sich wohl nie mehr feststellen, und es fehlt uns heute jeder Anhaltspunkt, wie die alte Verbindung zwischen Langhaus und den Seitenschiffen war. Das spätere Mittelalter hat den romanischen Bau, in dem noch die karolingische Urkirche in der Substanz erhalten war, unter dem Zwang der Verhältnisse zu einem Raum umgeschaffen, der noch heute, trotz der modernen Verstümmelung, mit so elementarer Kraft auf den Beschauer wirkt, wie kaum eine andere Kirche gleicher Größe. Dazu kommt noch ein Außenbild von so bedeutender architektonischer Wirkung, trotz aller Schlichtheit der Formen.
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Zuletzt aktualisiert am 10.02.2017