Reh im Altmühltal bei Beilngries


Rehwild (Capreolus capreolus)

in Beilngries im Naturpark Altmühltal



Rehwild ist der kleinste einheimische Vertreter der Familie der Hirsche (Cervidae) und zählt zoologisch wie der Elch und das Ren zu den sog. Trughirschen. Es ist ein paarhufer Wiederkäuer, dessen Gehörn (Geweih) jährlich abgeworfen und neu gebildet wird. Rehwild kann bis zu 16 (in Ausnahmefällen bis 20) Jahren alt werden (in freier Wildbahn kaum älter als 5, höchstens 7 Jahre) und wird jagdlich dem Niederwild zugeordnet. Es ist die in unserer Kulturlandschaft am weitesten verbreitete und anpassungsfähigste Schalenwildart. Das Reh hat sich im Miozän entwickelt. ist aber im Diluvium aus weiten Teilen Mitteleuropas verschwunden. Vor etwa 150.000 Jahren setzte im Riß-Würm-Interglazial eine Wiederbesiedlung ein.


Vorkommen:

Mit Ausnahme Irlands, Korsikas und Sardiniens kommt Rehwild in ganz West-, Mittel- und Südeuropa vor. In Nordeuropa kommt es bis zum 65. Grad nördlicher Breite vor. Die Ostgrenze verläuft vom Ladogasee bis zum Schwarzen Meer. Es besiedelt aber auch Teile Asiens. Das Reh Asiens, das sog. sibirische Reh, ist dem europäischen Reh an Größe, Gewicht und Trophäenstärke deutlich überlegen.


Aussehen:

Das Rehwild ist im Vergleich zum Rotwild gedrungen gebaut, das Haupt ist kurz und dreieckig, der Träger schlank und länger als das Haupt. Der Körper ist keilförmig, die Rückenlinie stark gewölbt, so daß der Widerrist niedriger ist als die Kruppe. Die Läufe sind hoch und schlank, die Hinterläufe stark, im Sprunggelenk eingeknickt. Die Lichter sind groß und lebhaft, die Iris schwarzbraun mit quergestellter Pupille, am oberen Lid lang gewimpert, die Tränengruben sind sehr klein, eigentlich nur schwach angedeutet. Die Lauscher sind mittellang, oval und stehen weit auseinander. Der Wedel ist nur ein kurzer Stummel. Er verschwindet im Haar und ist nur dann sichtbar, wenn das Stück sich löst und dabei den Wedel anhebt. Beim Bock ist der Spiegel nierenförmig, bei der Geiß herzförmig geformt. Das Reh verfärbt zweimal im Jahr, und zwar im Frühjahr (etwa April/Mai) und im Herbst (Ende September/Anfang Oktober). Junge und gesunde Stücke verfärben früher, alte und kümmernde später, sehr alte und kranke Stücke zuletzt. Im allgemeinen beginnt die Färbezeit beim jungen Bock vor dem Fegen, beim alten Bock nach dem Fegen. Geißen (Ricken) verfärben im Frühjahr meist erst nach dem Setzen. Das gegenüber dem Winterhaar kürzere Sommerhaar des Reh ist überwiegend brandrot bis gelbrot. Die Unterseite des Körpers und die Innenseite der Läufe sind immer heller gefärbt und wirken gelblich. Auf der Stirn und auf dem Windfang mischt sich Schwarzbraun, an den Seiten des Hauptes und rückwärts über den Augen Rotgelb ein. Der helle Fleck über dem Windfang wird als Muffelfleck bezeichnet. Er ist beim zweijährigen Bock meist deutlich ausgeprägt und löst sich beim dreijährigen Bock langsam auf. Kinn, Unterkiefer und ein kleiner Fleck an jeder Seite der Oberlippe sind weiß. Die Lauscher sind auf der Außenseite braungrau, auf der Innenseite gelblichweiß bis hellgrau, der Spiegel ist ebenfalls gelblichweiß, im Winter weiß und größer. Im Winter ist das Rehwild überwiegend braungrau gefärbt, der Rücken aber immer etwas dunkler. Das Winterhaar bildet aus wolligem Unterhaar und längeren Grannen eine dichte, isolierende Decke. Bei manchen Rehen befindet sich an der Unterseite des Halses oder in Höhe der Drossel ein heller Fleck, der sog. Hals- oder Drosselfleck. Er ist erbbedingt und hat sonst keine Bedeutung. Die Kitze haben weiße, kleine und rundliche Flecken Kitzflecke), die auf rötlichem Grund in Reihen hervortreten und sich bis August verlieren. Das nachwachsende brandrote Sommerhaar verdeckt langsam das Jugendkleid. Sie verfärben Anfang Oktober und werden dann graubraun. Wenn Rehwild im Frühjahr verfärbt, fällt das Winterhaar büschelweise aus, das Wild sieht dann sehr struppig aus. Anfang März brechen die dunklen Haarspitzen des Winterhaares ab, und die Decke wird grau. Man spricht zwar von der dritten Färbung, doch handelt es sich hierbei um keinen Haarwechsel. Als Farbabweichung kommt schwarzes Reh im Raum Hannover und in der Lüneburger Heide sowie in Sachsen-Anhalt (z.B. in den Kreisen Haldensleben, Gardelegen, Salzwedel und Stendal), in Mecklenburg-Vorpommern (z.B. in den Kreisen Ludwigslust und Gadebusch), in Brandenburg (Kreis Perleberg) vor. Als Farbvarianten tritt auch weißes Reh (Albinos) und geschecktes Reh, wenn auch selten, auf. Rehwild hat an verschiedenen Körperstellen Hautdrüsen (Duftdrüsen). Der Rehbock hat eine Duftdrüse unter der Stirnlocke zwischen den Rosenstöcken, mit deren Sekret er durch Reiben der Stirn an Sträuchern und Zweigen seinen Einstand markiert. Diese Drüse bildet sich nach der Blattzeit zurück. Beide Geschlechter haben Duftdrüsen zwischen den Schalen der Hinterläufe, die sog. Klauendrüsen. Durch diese Drüsen entsteht hauptsächlich die unsichtbare, sog. süße Fährte, der z. B. wildernde Hunde folgen. Das Reh hat zudem noch Duftdrüsen unter den Haarbürsten, welche sich unter dem Sprunggelenk der Hinterläufe befinden. Ihr Duftstoff wird unwillkürlich an höhergewachsenen Pflanzen abgesetzt; Laufbürsten.


Sinne und Lautäußerung:

Rehwild windet (riecht) sehr gut und vernimmt gut, äugt aber nur mäßig, vor allem wenn der Gegenstand sich nicht bewegt. Der Geschmackssinn ist auf Grund der vielen Geschmackswarzen auf dem Lecker (Zunge) ausgezeichnet. Bei Gefahr oder Beunruhigung stoßen beide Geschlechter einen heiseren Laut aus, sie schrecken. Springt gestörtes Reh nach kurzem Schrecken ab, schmält (schimpft) es oft noch in sicherer Deckung weiter. Bei unerkannter Gefahr beruhigt sich der Bock schneller wieder als die Geiß. Öfter wiederholtes Schrecken eines Bockes, der damit seinen Einstand markiert, bezeichnet man ebenfalls als Schmälen. Die führende Geiß "fiept", wenn sie das Kitz lockt, auch das Kitz fiept, jedoch feiner, wenn es die Mutter sucht. Das normale Fiepen ist ein leiser verhaltener Laut ("fifi"), in gleichmäßiger Folge ausgestoßen, der nur etwa 100 m weit hörbar ist. Das brunftige Schmalreh und die brunftige Geiß stoßen ihn aus, wenn sie nach dem Bock verlangen. Werden Schmalreh oder Geiß vom Bock getrieben, lassen sie in ihrer Erregung gedehnte Laute (Sprenglaut) hören ("pi-äh, fi-uh"), der Bock hingegen keucht, wenn er die Geiß treibt. Wird Rehwild in arge Bedrängnis gebracht, gibt es in höchster Erregung ein gellendes "pi-ji-äbh" von sich. Dieser Laut ist mehrere hundert Meter weit hörbar und wird als Klagelaut bezeichnet. Wird er aus einem bestimmten Grunde, z. B. schmerzhafte Knochenschüsse oder andere Notsituationen, ausgestoßen, reagiert das übrige nahe stehende Wild äußerst erregt und beunruhigt.

Lebensraum und Lebensweise, Äsung
Fortpflanzung
Losung, Fährte
Hauptschmuck (Geweihentwicklung, -wechsel), Geweihformen
Altersklasseneinteilung, Ansprechen, Jagdarten, Hege
Jagdzeit, Jagdarten



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Zuletzt aktualisiert am 10.02.2017